Zum zweiten wurden um 780 n. Chr. vom Schriftgelehrten Adi Shankaracharya die Lehren der Upanishaden kommentiert und wiederbelebt. Er definierte den Vedanta als letze Erkenntniss der philosophischen Systeme Indiens. Und diese Erkenntnis ist denkbar einfach, denn alle theoretischen Konstrukte und Modelle können in einem einzigen, schlichten Satz wiedergegeben werden:
Der Vedanta greift dabei das Gedankengut des Samkhya und des philosophischen Yoga auf und entwickelt es weiter. Während dort Purusha und Prakriti als Prinzipien des Passiven, Beobachtenden und des Aktiven, Schöpfendem realen Bestand haben, jedoch aufgrund einer unüberwindbaren Lücke auf immer und ewig voneinander getrennt sind, wie die Achse und das Rad zwar eine Einheit bilden, sich jedoch selbst niemals berühren dürfen, postulieren die Lehren des Vedanta das Prakriti, die Welt der Phänomene, nur scheinbar existiert. Dort tritt an ihre Stelle der Begriff Maya (sanskr. माया māyā) der soviel bedeutet wie Illusion oder Schein. Die Dualität des Samkhya ist daher ebenfalls nur ein Schritt zur Erkenntniss wie die Vielheit der Existenzen die uns die Alltagserfahrung vermittelt. Nach dem Vedanta existiert einzig und allein Brahman (sanskr. ब्रह्मन् brahman), das unbeschreibliche, unmanifeste, unteilbare, unveränderliche Prinzip aus dem die Welt nicht entstanden ist sondern lediglich reflektiert wird.
Da Brahman durch nichts beschrieben werden kann, da jede Beschreibung eine Begrenzung seines Wesens bedeuten würde, weisen die Quellschriften lange Listen von Nicht-Beschreibungen auf:
„Dieses ... nennen die Kenner des Brahman das Unvergängliche. Es ist nicht grob, nicht fein; nicht kurz, nicht lang; blutlos, fettlos; schattenlos, finsterlos; windlos, raumlos; ohne Haftung; ohne Tastsinn, ohne Geruchssinn, ohne Geschmackssinn, ohne Gesichtssinn, ohne Gehörsinn; ohne Sprachfähigkeit, ohne Denkfähigkeit; ohne Wärme, ohne Atem, ohne Mund; ohne Name, ohne Geschlecht; nicht alternd, nicht sterbend; bedrohungslos, unsterblich; ohne Raum, ohne Laut; nicht geöffnet, nicht geschlossen; nicht folgend, nicht vorangehend; nicht außen, nicht innen. Nichts langt hin zu ihm, niemand wird von ihm berührt...“
Brihadaranyaka-Upanishad (3.8.8)
Die Erscheinung Brahmans im Individuum Mensch, Tier, Pflanze oder Materie nehmen wir als Seele wahr, welcher der Begriff Atman (आत्मन्, ātman) zugeordnet ist. Durch die Kraft der Illusion, Mayashakti nimmt sich der Atman als getrennt vom Brahman wahr. Die Überwindung dieser Trennung fürt zur Selbsterkenntnis oder zu Samadhi wie Patanjali es beschreiben würde.In der Bhagavad Gita beschreibt Krishna das Verhältnis von Atman zu Brahman wie folgt:
„Von Sinnesbanden unbeschränkt, erglänzt es wie durch Sinneskraft.
Es trägt das All, und unberührt genießt es jede 'Eigenschaft'.
Ist in und außerhalb der Welt, fest und beweglich, Ardschuna,
So fein, dass niemand es gewahrt. Es ist zugleich entfernt und nah.
Zerteilt durchdringt die Wesen es und bleibt in Wahrheit ungeteilt.
Erhält ihr Sein durch seine Kraft, schafft und zerstört sie unverweilt.
Das 'Licht der Lichter' heißt man es, das jenseits alles Dunkels thront,
Erkennen und Erkenntnisziel; in jedes Wesens Herz es wohnt.“
Bhagavad-Gita (13.14-17)
Oder einfacher gesagt: Tat tvam asi - Das bist Du!